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Das vernetzte Gehirn: Entschlüsselung eines komplexen Schaltplans
Das vernetzte Gehirn: Entschlüsselung eines komplexen Schaltplans
Alles, was wir wahrnehmen, fühlen, lernen, führt zu neuen Verschaltungen von Nervenzellen im Gehirn. Die Funktion unseres Gehirns ist das Ergebnis eines Zusammenspiels vernetzter Hirnregionen. Die Neurophysiologie erforscht, wie sich die Störung dieser Netzwerke in neurologischen Erkrankungen manifestiert. Um die Gehirnkonnektivität als großen, dreidimensionalen Schaltplan zu rekonstruieren, werden unter anderem Hirnläsionen mit Funktionsausfällen korreliert.
Die genaue und prädiktive Kartierung von Läsionssymptomen ist ein wichtiges Ziel der klinischen Neurowissenschaften. „Die Zusammenhänge zwischen individueller Symptomlast und Lokalisation von Läsionen und Netzwerkverbindungen benachbarter Regionen im Gehirn sind allerdings äußerst komplex“, erläuterte Prof. Michael D. Fox, Associate Professor für Neurologie an der Harvard Medical School und Direktor am Center for Brain Circuit Therapeutics in Boston (USA), auf dem Kongress für Klinische Neurowissenschaften der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) 2022.
Konnektom-Forschung: Kartierung des Gehirns auf Zellebene
Wie komplex die Beziehung zwischen Symptomlast und Läsionsorten im Gehirn ist, zeigt folgendes Beispiel: Bei manchen Symptomen neurologischer und neuropsychiatrischer Erkrankungen konnten bisher erfolgreich spezifische Korrelate, also Wechselbeziehungen zwischen Lokalisationen von Läsionen in bestimmten Hirnregionen, die bei einigen PatientInnen teilweise überlappen, und der Symptomlast identifiziert werden. Hierzu gehören zum Beispiel Apathie, Aggression, Schmerzen, soziale Enthemmung oder durch Schlaganfall induzierte Lähmungserscheinungen.
Bei anderen Symptomen wie Delirium, Amnesie, Autismus und Schizophrenie wurden dagegen keine offensichtlich gemeinsamen Korrelate in Form von Läsionen im Gehirn entdeckt. In diesen Fällen können die gleichen Symptome mit Läsionen in unterschiedlichen Hirnregionen assoziiert sein. Und es gibt noch eine weitere Herausforderung: „Selbst wenn sich die Lage der Läsionen bei Menschen mit dem gleichen Symptom überschneidet, entspricht der Überlappungsort nicht unbedingt der erwarteten Funktion dieses Teils im Gehirn“, fügte der Experte hinzu.
Visuelle Halluzinationen gehen zum Bespiel mit Läsionen im Mittelhirn und im medialen Thalamus einher, die nach bisherigem Kenntnisstand jedoch keine klare Funktion beim Sehen oder bei der visuellen Bildsprache übernehmen. „Für ein vollständiges Verständnis reicht also die alleinige Kartierung der Läsion-Symptom-Korrelation nicht aus. Für ein ganzheitliches Verständnis sind Netzwerkanalysen aus der Konnektom-Forschung, die auch Verbindungen zu benachbarten Hirnregionen berücksichtigen, eine wichtige Ergänzung.“
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Artikel bei Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN)
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