Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause

09.09.2021 22:26 (zuletzt bearbeitet: 09.09.2021 23:21)
avatar  Alex84
#1 Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause

Von 2006, aber dennoch interessant.

Bei autistischen Patienten fehlen die für Ruhepausen typischen Hirnaktivitäten. Dies könnte ein Grund für das gestörte Kommunikationsverhalten von Autisten sein, spekulieren amerikanische Wissenschaftler.


Bei gesunden Probanden regten sich in den Erholungspausen mehrere Hirnareale wie der mediale präfrontale Kortex. Diese Hirnaktivitäten stehen vermutlich mit den typischen "Tagträumen" in Zusammenhang, bei denen die Gedanken frei fließen und die für die Selbstreflexion eine wichtige Rolle spielen.

Da bei den autistischen Versuchspersonen diese Hirnaktivitäten schwächer ausfielen, vermuten die Forscher hier eine Ursache für die Verhaltensstörung: Statt ihren Gedanken freien Lauf zu lassen, konzentrieren sich Autisten möglicherweise weiterhin auf ihre zwanghaften Gewohnheiten. Die dadurch gestörte Selbstreflexion könnte das Sozialverhalten beeinträchtigen.
(von Spektrum)

Wer sich ausruht und seine Gedanken treiben lässt, blickt unbewusst nach innen. In einem solchen Moment tauchen vor dem geistigen Auge häufig gewohnte Dinge und die Gesichter vertrauter Menschen auf. Verantwortlich dafür ist ein Netzwerk aus Hirnregionen, das in Ruhephasen zu arbeiten beginnt und für die Verarbeitung von Emotionen, die Wahrnehmung und Beurteilung von sozialen Kontakten, die Einordnung der eigenen Person sowie die Vertrautheit mit anderen Menschen zuständig ist. Dieses Netzwerk wird in dem Moment abgeschaltet, in dem sich der Mensch auf eine anspruchsvolle geistige Aufgabe und damit wieder auf die Außenwelt konzentriert. Schon früher gab es Hinweise darauf, dass diese Abfolge von Input und Verarbeitung bei Autisten nicht richtig funktioniert. So sehen Autisten in Ruhephasen beispielsweise völlig andere Dinge vor sich als gesunde Menschen. Auch weist ihr Gehirn häufig Veränderungen auf, die Teile des Netzwerks betreffen. Um diese Unterschiede genauer zu charakterisieren, verglichen Kennedy und seine Kollegen nun die Gehirnaktivitäten von 15 Autismuspatienten mit denen von 14 Freiwilligen ohne diese Entwicklungsstörung, sowohl in Ruhephasen als auch während einiger Konzentrationsübungen. Das Ergebnis: Die typische Ruhephasenaktivität war bei den autistischen Probanden sehr viel schwächer ausgeprägt als bei der Kontrollgruppe. Je größer die sozialen Defizite der Betroffenen dabei waren, desto größer waren auch die Abweichungen ihrer Gehirnaktivität. Möglicherweise konzentrieren sich Autisten auch in Ruhephasen so stark auf ihre häufig zwanghaften Gewohnheiten und Interessen, dass die Aktivität des Ruhenetzwerkes ständig unterdrückt ist, glauben die Forscher. Ob die daraus folgende fehlende Selbstreflexion jedoch die Ursache für die sozialen und emotionalen Defizite ist, können sie noch nicht sagen. Genauso sei es möglich, dass die ungewöhnliche Gehirnaktivität eine Folge des gestörten Sozialverhaltens ist. Welcher Zusammenhang tatsächlich besteht, soll nun in weiteren Studien geklärt werden.
(von DRK)

Link zum Artikel bei Spektrum
Link zum Artikel bei DRK Oberhausen

Link zur Studie


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14.02.2022 13:09 (zuletzt bearbeitet: 14.02.2022 13:13)
#2 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Hallo @Alex84,

mit Interesse habe ich die Studie gelesen, auf die der Spektrum-Artikel Bezug nimmt.

Eine wesentliche Aussage hast Du zitiert:
Bei autistischen Patienten fehlen die für Ruhepausen typischen Hirnaktivitäten.

In der Studienbeschreibung habe ich nirgendwo gefunden, wie diese Ruhepausen aussahen und deshalb frage ich mich:
Ist es sicher, dass Autisten in Ruhepausen gesteigerte Hirnaktivität zeigen oder kann es nicht auch oder zusätzlich sein, dass das, was Neurotypische Menschen als Ruhepause empfinden für Autisten keine Ruhepausen sind ?
Und dass, wenn ein Autist sich in einer Situation befindet, die für ihn oder sie entspannend ist, die Hirnaktivität dann auch runter geht ?
Ruhepause wäre für mich intuitiv zunächst definiert als "frei von Aufgaben und Stress". Das ist jedoch nicht für jeden Menschen das gleiche.
Wurde das berücksichtigt ?

Sorry, wenn das in den weiteren Artikeln alles schon drin steht, aber Du hast die ja gelesen, denn Du hast sie eingestellt, daher möchte ich Dich zunächst fragen, ehe ich alles durchforste, ich hoffe, das ist ok ?


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14.02.2022 13:41 (zuletzt bearbeitet: 14.02.2022 20:37)
avatar  Alex84
#3 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Hallo @Stefunie ,
die Pausen waren, wenn keine gestellte Aufgabe bearbeitet wurde.

While in the scanner, subjects performed a counting Stroop task with three conditions of interest (34). This task was based on the classic color–word Stroop (72) but adapted to be more suitable for the fMRI environment (34). Instead of naming the color of a word, subjects were instructed to count the number of words that appeared on the screen and respond as quickly and accurately as possible by pressing the button on the response device corresponding to either two, three, or four words. Subjects were presented with three different types of words: emotional, neutral, and number words. Number words were always incongruent with the number of words that appeared on the screen (e.g., “two” written three times). The emotional words were chosen from a set of negatively valenced emotional words that had been rated by a separate set of participants for degree of emotional arousal. Ten words with the highest ratings of emotional arousal were included in the study. Examples of these words include “murder,” “torture,” and “blood.” The 10 neutral words, each naming a household item, included words like “table,” “curtain,” and “desk.” Stimuli were presented for 1.5 s each in a block design, with each block containing 20 presentations of either emotional, neutral, or number words, for a total of 30 s per block. There were 12 task blocks, interlaced with three 21-s rest periods, wherein subjects were simply instructed to passively view a fixation cross.

Die Studie wurde also im MRT durchgeführt, als Aufgabe wurde
ein Stroop task (zb hier https://www.psytoolkit.org/experiment-library/stroop.html) gestellt, da dieser nicht durch Autismus beeinflusst wird.


Es gibt auch einen interessanten Teil in der Diskussion hier:
There are two possible reasons why the ASD group failed to show the typical deactivation effect. One possibility is that midline resting network activity during both rest and task performance is high, and, thus, a subtraction between these conditions would reveal no difference in activity levels. We believe, however, that it is unlikely that high midline network activity was maintained during the cognitively demanding number task in autism for several reasons. First, as mentioned previously, behavioral performance was similar between control and ASD groups. This result, however, would be unexpected if the ASD group were carrying out additional mental processing that control subjects inhibit during cognitively demanding conditions. Second, positron-emission tomography studies of autism, which provide an absolute measure of brain metabolism, have found reduced, as opposed to increased, glucose metabolism in rACC and PCC (36) during task performance, as compared with controls. Furthermore, one positron-emission tomography study found that lower blood flow in MPFC and rACC at rest was correlated with more severe social and communicative impairments in subjects with autism (37), a finding similar to our correlational results. Third, reduced anatomical volumes and neurochemical deficiencies have consistently been observed in MPFC∕rACC in adults with autism (reviewed in ref. 26), likely indicative of a reduced functioning of these regions. Therefore, an alternative explanation, the one to which we attribute the lack of deactivation, is that midline activity is low during rest. We suggest, then, that the absence of deactivation in this network indicates that the mental processes that normally occur at rest are absent or abnormal in autism.

What are these mental processes that dominate during rest? Evidence in the literature to date seems to suggest that tasks that induce certain types of internal processing activate this resting network. Examples of such tasks are self- and other-person judgments (4, 6, 7, 19–22, 38–45), person familiarity judgments (24, 25), emotion processing (15–17, 46), perspective-taking (22, 47), passive observation of social interactions vs. nonsocial interactions (18), relaxation based on interoceptive biofeedback (48, 49), conceptual judgments (based on internal knowledge stores) vs. perceptual judgments (50), and episodic memory tasks (51), among others [moral decision making (52), joint attention experience (23), and pleasantness judgments (53)]. Therefore, the activity in these regions at rest might simply reflect the extent to which these types of internally directed thoughts are engaged at rest. In fact, a particularly intriguing behavioral study found that individuals with ASD report very different internal thoughts than control subjects (54, 55), lending support to our interpretation that an absence of this resting activity in autism may be directly related to abnormal internal thought. Admittedly, this is a speculative hypothesis but one that can be explicitly tested.

Also kurz gesagt sind das Laborbedingungen, sicher keine "entspannende" Atmosphäre, aber es war keine Aufgabe gestellt.
Ich hoffe es ist okay, wenn ich diese Teile nur kopiere.
Das ist natürlich okay, wenn du fragst


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12.06.2022 14:44
avatar  Gabi
#4 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Kann es sein, das es für einige Autisten „einfacher“ ist eine Aufgabe zu haben, wie einfach „frei“ zu haben?
Die erwachsenen Autisten die ich kenne, tun sich wirklich schwer, einfach mal abzuschalten.
Ich sehe es auch bei meinem Kind, wirklich nichts tun, fällt sehr schwer. Das strengt ihn glaube ich mehr an wie alles andere.
Meist läuft er mit Kopfhörern und Musik oder Hörspiel rum. Das ist für ihn Entspannung.
Aber das Hirn kommt so ja nicht zum Stillstand.
Manchmal geht er ohne Kopfhörer spazieren, das ist dann wohl die größte Pause die er seinem Gehirn gibt. Dann ist er mal für zwei, drei oder auch vier Stunden weg und kommt sehr entspannt wieder.


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12.06.2022 15:36 (zuletzt bearbeitet: 12.06.2022 15:46)
avatar  Hyres ( gelöscht )
#5 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
Hy
Hyres ( gelöscht )

Könnte sein, bei mir ist es auch so ohne Beschäftigung ist es schwierig auszuhalten, kann eigentlich nicht abschalten denke man kann da einen Mittelweg finden den hab ich aber noch nicht gefunden, deswegen hab ich auch immer soviel Hobbykrams.

Ich glaube auch nicht, das es bei mir nötig ist abzuschalten, da ich mit bestimmter Beschäftigung meinen Akku auffülle.


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12.06.2022 15:46
avatar  Chch
#6 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Ich konnte auch nie richtig abschalten - außer im Urlaub. 2 x jährlich bin ich früher allein eine Woche irgendwohin geflüchtet, wo ich kaum Menschen begegne. Da ging das: Wandern und nicht denken müssen.

Jetzt in meinem Burnout habe ich zwangsweise gelernt, abzuschalten.


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12.06.2022 16:07
avatar  Muffin
#7 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Ich sorge möglichst ständig für Input, damit meine Gedanken keine unguten Wege gehen können. Das Leben kann ganz schön beängstigend sein, wenn man zu viel drüber nachdenkt.


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12.06.2022 17:15
avatar  AnnaK
#8 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Ich schaffe es auch kaum zur Ruhe zu kommen. Meinem Umfeld geht das richtig auf die Nerven. Aber wenn ich versuche mich dazu zu zwingen damit die anderen zufrieden sind geht es mir nicht gut. Ich habe das Gefühl, dass mein Gehirn wie ein Radio ist. Wenn es nicht gerade über irgendetwas nachdenkt spielt es Musik.


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13.06.2022 10:42
avatar  Rabe ( gelöscht )
#9 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
Ra
Rabe ( gelöscht )

Mein Gehirn läuft ständig auf Hochtouren, auch wenn ich äusserlich sehr ruhig wirke. Ich denke ständig über irgendetwas nach. Nach Möglichkeit versuche ich mir positiven Input zu verschaffen und mir selbst Aufgaben zu stellen die mir Spass machen, damit ich nicht in Endlosschleifen schädlicher Grübelei verfalle.


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13.06.2022 11:24
avatar  Hanseat
#10 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Ist bei mir auch so wenn das Gehirn zur Ruhe kommt dreht das vegetative nervensystem komplett auf und gibt dem gehirn beschäftigung meistens in Form von krankheitssymptomen.


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14.06.2022 18:20 (zuletzt bearbeitet: 14.06.2022 18:21)
avatar  molle66
#11 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Zum Glück ist die Zeit der Todesdiagnosen aus dem Internet langsam vorbei, da ich körperliche Symptome zunehmend ignoriere...
Heute sagte meine Liebste zu mir : Schalte doch mal auf Standby..
Genau das ist ja das Problem, es geht nicht.

Man muss die Schuld auch mal bei den Anderen suchen.. 😷

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15.06.2022 10:46
avatar  Gabi
#12 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Selber komme ich gefühlt nicht zur gedanklichen Ruhe.
Da sind die Kinder, die Arbeit, die Behörden/ Ämter und co von Kind und der allgemeine Wahnsinn. Da bin ich noch am überlegen ob es dran liegt oder nicht?
Es gibt Momente wo Ruhe kommt, beim Yoga zum Beispiel, da liege ich dann da und die Tränen strömen los und ich kann kaum aufhören.
Oder beim Skifahren alleine. Da steckt die komplette Konzentration in der Bewegung und für mehr ist keine Kapazität.

Bei Tätigkeiten wie im Garten wurschteln, spazieren gehen oder so kommt das Hirn eigentlich so richtig in Fahrt und es werden Pläne geschmiedet oder es entstehen Ideen um bei einem Projekt weiter zu kommen.


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15.06.2022 11:56
avatar  Chch
#13 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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genauso geht es mir auch, @Gabi . Naja, ging. Ich musste ja runterfahren. Also die Ruhemomente sind nun meistens tatsächlich absolute Entspannung. Aber kommt wieder neues Schul- und Behördendrama, komme ich in Ruhephasen NICHT zum Runterfahren, sondern fühle den Kummer zu stark und heul auch rum


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15.06.2022 17:54
#14 RE: Gehirn von Autisten arbeitet ohne Pause
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Ich hatte die Studie letztens schon gelesen, bzw einen Bericht darüber und fand es auch sehr spannend. Nichts tun kann ich nicht, selbst wenn ich richtig krank bin. Andere legen sich ins Bett und schlafen sich gesund, ich liege im Bett, schlaf zwei drei Stunden und dann muss ich irgendwas machen und sei es nur ein Kreuzworträtsel. Oder mir fallen Dinge ein, dann muss ich mir den Lapi nehmen und anfangen zu recherchieren. Selbst wenn ich mit meiner Amber im tiefsten Wald unterwegs bin rödelt mein Kopf - wobei ich es da nicht unangenhm finde. Ich bekomme im Wald ja auch jedes Geräusch mit. Meine Freundin ist immer total perplex, wenn ich ihr sag, ruf deine Ronja ran und nehm sie an die Leine, da kommen gleich Rehe raus.. Oder hinter uns kommen gleich Fahrräder oder oder oder.

Das ist einer der Gründe warum ich nach Feierabend irgendwas machen muss in das ich mich total verlieren kann, weil ich sonst nicht aufhören könnte an die Arbeit zu denken.

Schon krass das ihr das alle auch irgendwie kennt.


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