Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?

18.08.2023 12:13
#1 Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Ich muss dazu sagen, ich hinterfrage andauernd und auch jeden (auch mich selbst) und es war schön öfter der Fall, dass etwas am Asperger als problematisch oder negativ dargestellt wurde, was ich eigentlich als Weiterentwicklung oder positiv empfinde.

Ein kleines Beispiel:
Mein wörtliches verstehen ist extrem (Freunde sagen immer ich sei ein Wortnazi😂). Ich mecker auch Menschen an, wenn sie andauernd die falschen Worte verwenden. Ich habe auch eine besondere Beziehung zu Worten (wie warscheinlich einige von uns).
Ich verwende sie mit bedacht und weiß um ihren Wert und Macht.

Durch mein wörtliches verstehen, höre ich auch genauer zu. Wenn mich jemand fragt, was er sagte kann ich es meistens Wortgenau wiedergeben.
Es ist ein reines zuhören, ohne andere Einflüsse.

Diese nonverbale Kommunikation und dieses "zwischen den Zeilen lesen" ist, für mich, einfach ein raten mit hoher Trefferquote. Logischerweise steigt diese, je besser man Menschen kennenlernt.
Allerdings kann sowas auch zu sehr vielen Problemen führen.
Bei mir liegt man damit immer und zu 100% falsch.
Auch finde ich es Schade, dass die Leute dann auch sehr oft von etwas negativen ausgehen und wenn man nicht fragt sondern nur annimmt, ist es raten bzw eine Annahme aber kein Wissen.
Das erreicht man nur, wenn man mit Worten redet und zuhört.

Sehr oft ist es passiert, dass Menschen sauer wurden weil sie irgendwas zwischen den Zeilen gelesen haben, wenn ich dann Frage: Wann genau habe ich das gesagt?
Kommt meistens als Antwort: Hast du nicht aber....... Da unterbreche ich sie direkt und sage: Nichts aber. Wenn ich es nicht gesagt habe erfindest du es und wenn du schon Dinge erfindest, warum dann nicht Mal was nettes oder denkst du wirklich, dass ich so Scheisse bin?
Dann klappt es auch und sie lassen den Mist (zumindest für eine Zeit😅. Mein Mann musste das auch erst lernen)

Solche Missverständnisse entstehen gar nicht, wenn man wirklich auf die Worte achtet und nicht irgendwelche Geheimbotschaften entschlüsselt, von daher empfinde ich das wörtliche Verstehen an sich hoch effektiv. Das Problem ist eher das es nicht die vorherrschende Kommunikationsform ist.

Wir wenden vieles an, dass effektiver ist aber im allgemeinen Bild als negative Störung ausgelegt wird, nur weil es nicht dem überwiegend herrschenden Bild entspricht und es ist leichter zu sagen: Du bist anders, du musst das ändern als zu sagen: Du bist anders aber deine Art und Weise ist eigentlich effektiver. Ich arbeite an mir und lerne mich anzunähern.

Ich erwarte nicht das NT wie Autisten handeln/denken (Wäre ja auch nicht möglich) allerdings möchte ich faire beurteilt werden. Im Grunde ist das wörtliche Verstehen ein sehr effizientes, wie die Menschen mit umgehen ist der negative Punkt.

Ich finde, die Gesellschaft, suggeriert einem öfter das eine eigentlich gute und effiziente Eigenschaft etwas negatives/Problembehaftetes wäre obwohl das Problem eher ist, wie andere mit umgehen. Nur weil etwas als "normal" gilt, muss es nicht gut sein. Das sind unterschiedliche Punkte. Viele Menschen entscheiden sich auch für den leichteren Weg (ist bei mir anders. Egal was kommt, wenn es sich lohnt, Klatsch ich alles weg😂)

Ich hoffe ich konnte mein Anliegen gut ausdrücken und vielleicht habt ihr auch so Eigenschaften, die ihr eigentlich gut findet aber in der Gesellschaft eher als Problem oder negativ angesehen werden?


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18.08.2023 12:32
avatar  Chch
#2 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Cooles Thema, danke dafür!


Zitat von Timelady im Beitrag #1
Sehr oft ist es passiert, dass Menschen sauer wurden weil sie irgendwas zwischen den Zeilen gelesen haben, wenn ich dann Frage...:

Das hatte ich sehr intensiv mal mit einem Aspie. Also, auch da gibts welche, die das "echt gut können". Ich habe dann immer klargestellt, dass ich das nicht gesagt und auch nicht gemeint habe, aber er drehte nur weiter auf. Das hat mich mit der Zeit in den Wahnsinn getrieben und ich musste die Freundschaft beenden.

Ich verstehe generell auch alles wörtlich, aber bin gut trainiert, zwischen den Zeilen zu lesen. Ich kenne die meisten geläufigen Redewendungen, so unsinnig sie auch bei wörtlicher Betrachtung sind.

Wenn ich schlechte Laune habe, kommt es vor, dass ich das absichtlich nur wörtlich verstehe.


Ich habe zudem damit zu kämpfen, dass wenn mir jemand ein Problem erzählt, ich automatisch erstmal sofort auf die Sache reagiere. Obwohl ich ja weiß, dass die meisten Menschen eine Reaktion auf die Emotionen in dem Problem haben wollen. Ich habe da leider nur selten Kontrolle drüber. Ich liefere also meine Sicht und Vorschläge zum vorgetragenen Problem und es kommen nur schlimmere Emotionen zurück. Wenn ich dann immer noch nicht umschalten konnte (oft gelingt es mir an dem Punkt), dann frage ich erstaunt nach, was denn mit meinen Vorschlägen ist, was dagegen spricht etc, und erst dann merke ich bei der heftigen, nur emotionalen Abwehr, dass ich WIEDER MAL in die Falle getappt bin.
Dabei ist es doch logischer und zielführender, das Problem an sich zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten. Das empfinde ich als die von Dir angesprochene "Weiterentwicklung".


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18.08.2023 15:07
#3 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Das kenne ich sehr gut. Dieses emotionale ist auch nicht mein Ding, außer dann mit meinen Programmen.

Ich reagiere da wie du. Sachlicher und Lösungsortientiert. Ich sage auch wenn die Situation Scheisse ist und verletzend usw aber ich sage auch was die Person verändern kann. Das mögen viele dann nicht. Mein Mann sagt immer, dass ich ein Spiegel bin. Ich zeige den Menschen was sie nicht sehen wollen und sie wollen Flausch. Nur hören wie arm sie dran sind und die Wahrheit ist gut, solange es nicht um das eigene Verhalten geht🙈

Sowas will ich aber gar nicht geben. Es ist sinnlos und kostet dann soviel Energie, bringt aber weder meinen Gegenüber noch mich weiter.
Da finde ich unsere Herrangehensweise, wie du, eher als Weiterentwicklung.

Ich nenne es auch bewusst Weiterentwicklung. Weil mich auch diese mitleidigen Reaktionen nerven🙈 es ist nicht alles schlecht und nur weil manche es nicht verstehen, muss es nicht negativ sein.
Auch wenn sich dann nt (was meistens passiert) dann beleidigt fühlen sage ich auch nur: Es wird andauernd gesagt, dass ich behindert wäre, zutiefst gestört usw und soll es hinnehmen aber du willst jetzt sauer sein? Mit welchem Recht?

Ich glaube auch, einige Autisten, würden sich bestimmt mehr mögen, wenn sie frei von gesellschaftlichen Zwängen überlegen was sie an sich mögen. Viele haben so tolle Interessen/Eigenschaften und ein mega Wissen und tolle Ideen. Wieso sollen wir uns dann nicht als Bereicherung sehen.


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18.08.2023 17:40
avatar  Muffin
#4 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Zitat von Chch im Beitrag #2
Ich habe zudem damit zu kämpfen, dass wenn mir jemand ein Problem erzählt, ich automatisch erstmal sofort auf die Sache reagiere. Obwohl ich ja weiß, dass die meisten Menschen eine Reaktion auf die Emotionen in dem Problem haben wollen. Ich habe da leider nur selten Kontrolle drüber.


Das passiert mir leider auch immer wieder. In dem Kommunikationsseminar letztens wurde uns auch erzählt, dass man nicht diesen Fehler machen sollte. Das muss ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen. Ist nicht leicht, nicht immer alles sachlich zu sehen.


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19.08.2023 09:39
#5 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Ja, da kommen dann meine Programme zum Einsatz.

Mein Umfeld weiß aber auch das ich das nicht andauernd kann und will, weil es viel zu viel Kraft zieht.

Ich habe dabei auch das Problem, dass wenn Menschen nur über die emotionale Ebene gehen, wird es meistens unlogisch und wenn etwas zu unlogisch ist oder mich zu sehr verwirrt komme ich in einen Meltdown.
Das zu vermitteln war viel Arbeit und ich muss auch immer wieder erinnern, dass ich dafür soviel Energie aufwenden muss.
Da erwarte ich aber auch, dass sie auf mich zu gehen und dann eben nicht sauer sind oder mich nicht dumm machen.

Ich weiß auch, wenn meine Freunde wirklich "rumheulen" wollen, gehen sie zu anderen. Das finde ich auch besser, weil das meist übertrieben ist.

Bei manchen Situationen wäre es schön, wenn ich emotionaler drauf eingehen könnte. Als meine Freundin einen Trennung hatte, konnte ich das emotional nicht richtig auffangen aber dafür kann ich sehr gut auch aufbauen und motivieren. Jeder hat so seine Defizite und ich habe auch Freunde, mit denen ich auch Mal ernst reden kann und mit manchen brauch ich damit nicht kommen, weil sie nur Witze machen. Da gehe ich dann gezielt, bei Aufmunterung hin. Jeder hat so seinen Part und Fähigkeiten und alle zusammen bekommen es dann irgendwie hin.


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20.08.2023 18:05
avatar  Gabi
#6 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Ich denke Autismus ist eine Art zu leben. Sie bereichert.
Eine Diagnose habe ich nicht, verstehe die NT Welt aber eher selten.
Bin da auch eher direkt oder schweige, um keinen zu verletzen.
Gerade im sozialen Bereich wird mir definitiv zu viel geredet und zu wenig gehandelt. So viele verschenkte Kraft und Möglichkeiten.
Mein autistisches Kind hat mich wohl gut erzogen. 😂


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20.08.2023 19:10
avatar  Chch
#7 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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22.08.2023 15:45
#8 RE: Asperger: Störung oder Weiterentwicklung?
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Ich bin auch in der Diagnostik.

Ich mache auch Verhaltenstherapie um die Nt Welt besser zu verstehen.

Wie meinst du das?

Bei sozialen Berufen?
Da werden einen viele Steine in den Weg gelegt. Ich habe meine Ausbildung, zur Sozialassistentin, begonnen aber das machen immer weniger Leute. Es ist ja auch die Vorraussetzung für Erzieher. Die Ausbildung ist aber ohne Bezahlung (wenn Bafög), man bekommt nicht Mal den Schülerzuschuss, für die Fahrkarten. Erzieher müssen ja dann nach den zwei Jahren noch weitere 3 Jahre Ausbildung machen und die Praktikas sind unbezahlt. Vom Balkon klatschen hilft da auch nicht, dass mehr in die Berufe gehen😅. Ohne meinen Mann, der Vollzeit arbeitet, könnte ich es auch nicht machen. Bafög sind so höchstens um die 700€ (Studenten können mehr bekommen) und mittlerweile kostet ja schon eine 1 Zimmer Wohnung 400€🙈

Wenn du gesellschaftlich meinst. Da finde ich ist vieles oberflächlich. Auf die Art: Wir machen doch etwas und kümmern uns doch......wieviel es bringt oder sinnvoll ist, ist zweitrangig. Da wird sehr viel Augenwischerei betrieben. Ich finde viele Menschen eher oberflächlich (ich mein das auch nicht böse oder herrabwürdigend).

Was ich auch immer seltsam finde, wenn Menschen mir sagen, dass sie kein Problem mit dem Asperger haben aber keine Ahnung drüber und keine Frage gestellt. Wie kann man sagen, es wäre kein Problem, wenn man nicht weiß was es überhaupt ist?
Ich weiß sie meinen es gut und allgemein aber zu oft hab ich genau das Gegenteil erlebt und dann wird man wieder ignoriert.
Ich kann es mir erklären aber nicht nachvollziehen. Für mich wurde das mittlerweile wie zu einem schlechten Omen.

Ich finde es viel besser, würden die Leute sagen: Ich hab keine Ahnung aber Interesse und schaue ob ich damit umgehen kann..... Ich verstehe ja auch, wenn es Menschen zu viel ist. Für mich sind z.B hoch emotionale Menschen oder die aus allem ein Drama machen zuviel.


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